Italien - erstmals Bio-LNG für LKW
Italien ist hinsichtlich Gasmobilität das führende Land in Europa. Nirgendwo sonst sind so viele mit Gas betriebene PKW unterwegs und entsprechend dicht ist auch das CNG-Tankstellennetz bei unserem südlichen Nachbarn.
Aber auch im Güterverkehr wird in Italien in zunehmendem Ausmaß Gas eingesetzt – und zwar in verflüssigter Form als LNG. Der tiefgekühlte flüssige Kraftstoff besitzt die für eine große Reichweite nötige Energiedichte und mittlerweile sind mehr als 70 LNG-Tankstationen in Betrieb. Sie versorgen über 2.25o in Italien zugelassene LKW und damit über ein Drittel der insgesamt in Europa für den LNG-Antrieb zugelassenen Motorfahrzeuge.
Erste LKW-Betankung mit Bio-LNG
In Italien verfolgt man das Ziel, das für den Schwerverkehr benötigte Flüssiggas LNG (nicht zu verwechseln mit dem Autogas LPG, das nicht aus Erdgas, sondern hauptsächlich aus Butan und Propan besteht) in Zukunft verstärkt aus Biomethan herzustellen und über die die LNG-Tankstationen zu verteilen.
Anfang November vorigen Jahres wurde dafür ein wichtiger Schritt gesetzt: in Rimini erfolgte die erste Betankung eines LKW mit verflüssigtem Biogas (LBG bzw. Bio-LNG). Dabei handelte es sich keineswegs um einen Klein-Transporter. Der LKW der Marke Iveco-S-Way NPG mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 44 Tonnen bringt es dank seiner zwei 540-Liter LNG-Tanks auf eine Reichweite von bis zu 1.600 km. Der LKW ist auf die Verwendung von LNG ausgerichtet. Füllt man Bio-LNG – erzeugt aus Grünem Gas ‑ in die Tanks, ist damit ein klimaneutraler Transport gewährleistet.
In Rimini wurde in November erstmal ein LKW mit Bio-LNG betankt (Foto: Vulcangas).
Ausbau der Bio-LNG-Erzeugung
Für Piero Gattoni, Präsident des Consorzio Italiano Biogas (CIB) bedeutet verflüssigtes Biogas für LKW eine große Chance für die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs. Aktuell sind in Italien bereits 20 LBG-Projekte im Bau, bereits genehmigt oder im Genehmigungsverfahren.
Laut Gattoni wird die Gesamtproduktionskapazität dieser Anlagen anfangs jeweils zwischen 4 und 27 Tonnen pro Tag liegen. Das würde es möglich machen, die Fahrten von mehr als 3.000 mit LNG betriebenen LKWs zu dekarbonisieren.
Das Bio-LNG für die erste LKW-Betankung wurde in Rimini an einer Station des Tankstellenbetreibers Vulcangas abgegeben. Zurzeit ist Vulcangas in der Lage Bio- LNG an fünf Stationen zu liefern, zu fakturieren und zu zertifizieren. Innerhalb des ersten Halbjahres 2021 möchte man diese Lieferkette auf 10 Stationen erweitern.
8 Mrd. Kubikmeter Biomethan bis 2030
Der italienische Biogasverband CIB hat das Ziel ausgegeben, dass in Italien bis 2030 die jährliche Produktionskapazität für Biomethan 8 Milliarden Kubikmeter betragen soll – also ca. so viel wie der gesamte derzeitige Erdgasverbrauch in Österreich.
Wie Licia Balboni, Präsidentin von Federmetano, des italienischen Verbandes für Händler und Transporteure von Erdgas, in einem Gespräch mit der Schweizer Zeitschrift Gaz Energie ausführte, würde diese Menge ausreichen, um im Jahr 2030 ca. 15% des gesamten Fahrzeugbestandes in Italien mit 100% erneuerbaren Treibstoffen zu versorgen. Das käme einer energiewirtschaftlichen Revolution gleich, bei der in einem nachhaltigen Kreislauf Abfall in neue Energie umgewandelt und so die Abhängigkeit von Importen verringert wird.
Was ist LNG/LBG?
LNG (Liquefied Natural Gas) ist Erdgas, das durch Abkühlung auf Temperaturen von ca. minus 160°C in den flüssigen Aggregatzustand versetzt wird. Durch die Verflüssigung kann bei gleichem Volumen die 600-fache Menge an Energie transportiert und bevorratet werden. Neben einfacher Lagerung und Transport besitzt LNG noch einen wesentlichen Vorteil: Liquefied Natural Gas ist sehr wirtschaftlich und effizient. LBG (Liquefied Biogas) ist – chemisch betrachtet – ebenfalls verflüssigtes Methan, damit zu 100 % mit LNG vergleichbar und genauso einsetzbar, wird allerdings aus erneuerbaren Quellen (Biogas) gewonnen.