Rechtzeitig die Grundlagen für Wasserstoff-Importe schaffen
Eine aktuelle Studie des World Energy-Councils bescheinigt Wasserstoff das Potenzial – neben erneuerbarer Elektrizität – eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung der Energienachfrage einnehmen zu können.
Den Ländern der EU wird in der Studie ab 2050 ein Wasserstoffbedarf im Ausmaß von jährlich 60 Millionen Tonnen prognostiziert. Das geht weit über den derzeitigen Bedarf in der Industrie hinaus. Es wird geschätzt, dass bis 2030 lediglich 20% und bis 2050 auch nur 50% des benötigten Wasserstoffbedarfs innerhalb der EU erzeugt werden kann. Würde man den gesamten Wasserstoffbedarf der EU mittels Elektrolyseanlagen erzeugen wollen, bräuchte es einen zusätzlichen Strombedarf im Ausmaß von 2.800 bis 2.900 TWh, was ungefähr der gesamten derzeitigen Stromerzeugung in der EU entspricht. Möchte man also die Vorteile von Wasserstoff für die Dekarbonisierung bestimmter Bereiche der Energieversorgung nutzen, wird man sich rechtzeitig nach Import-Partnern umsehen müssen.
Notwendigkeit für Importe
Es gilt nun eine Infrastruktur für Wasserstoff-Importe – und damit einen Wasserstoffmarkt -aufzubauen. Für Importe aus Gegenden, wo er billig erzeugt werden kann, braucht es Pipelines sowie Speicheranlagen in Häfen für die Übernahme von Schiffs-Transporten. Als Exporteure bieten sich etwa Länder in Nordafrika wegen der günstigen Bedingungen für Photovoltaik und Windenergie an. Der Strom könnte dort zur Elektrolyse verwendet werden und der gewonnene Wasserstoff weiter in die EU transportiert werden. Auch benachbarte Länder mit großen natürlichen Gasvorkommen können mittels Dampfreformation und CO2-Abscheidung kostengünstig große Mengen dieser dekarbonisierten Form von Wasserstoff herstellen. Russland präsentierte bereits eine Energiestrategie mit dem Ziel, einer der größten Produzenten und Exporteure von Wasserstoff weltweit zu werden.
Bestehende Infrastruktur nutzen
Doch neben dem Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur kann auch die bestehende Gasinfrastruktur für Importe genutzt werden. Wasserstoff kann bis zu festgelegten technischen Grenzen in das Erdgasnetz eingespeist werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als Blending. An bestimmten Übergabestellen müssen dann Deblending-Vorrichtungen geschaffen werden, um den Wasserstoff über Membrane vom Erdgas abzutrennen und in Reinform übernehmen zu können. Weiters besteht die Möglichkeit Leitungen, die ursprünglich für Erdgas eingesetzt wurden, umzuwidmen und für den Transport von reinem Wasserstoff technisch fit zu machen. Die Kosten für Erzeugung und Transport – sei es über Pipelines oder Schiffe – werden letztendlich entscheidend sein, aus welchen Ländern und vielleicht auch entfernten Regionen wie Chile oder Australien Wasserstoff kostengünstig importiert werden kann.