Große Potenziale für Grünes Gas
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab den Verbrauch von Ressourcen zu verringern. Anfallende Abfallprodukte und Reststoffe müssen sinnvoll verwertet werden. Eine Möglichkeit dafür ist den im organischen Abfall gespeicherten Kohlenstoff für die Erzeugung von erneuerbaren Gasen zu nutzen.
Im derzeit gültigen Regierungsprogramm ist die schrittweise Abkehr vom fossilen Gas angekündigt. Das wird als notwendige Maßnahme betrachtet, um in Österreich bis 2040 das Ziel der Klimaneutralität erreichen zu können.
Die österreichische Gaswirtschaft unterstützt das Ziel der Klimaneutralität und hat die „Greening the Gas“ Strategie erstellt, um fossiles Gas schrittweise durch erneuerbare Gase und Wasserstoff zu ersetzen Bis 2040 will man weitgehend den gesamten heimischen Gasbedarf mit erneuerbaren Gasen abdecken. Organische Reststoffe und überschüssiger erneuerbarer Strom sollen durch bereits erprobte und eingesetzte technische Verfahren zu Biomethan, Wasserstoff und Synthetischen Gasen umgewandelt werden.
Nutzung von Reststoffen und Grünen Strom
Das Energieinstitut der JKU Linz und die Montanuniversität Leoben haben in einer gemeinsamen Studie die technisch möglichen Potenziale erhoben, die für die erneuerbare Gaserzeugung zur Verfügung stehen. Dafür wurden zwei Bereiche betrachtet: zum einen ausschließlich organische Reststoffe wie z.B. Gülle aus der Tierhaltung, Küchen- und Speisereste, Grünschnitt, Abfälle aus der Forstwirtschaft etc; zum anderen die – voraussichtlich in immer höheren Ausmaß anfallenden – überschüssigen erneuerbaren Strommengen
Bei der Ermittlung der Potenziale wurden keine wesentlichen Einschränkungen auf Grund von Konkurrenz-Nutzungen, technischen Gründen oder von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Eine Ausnahme bildet das Potenzial an Stroh, bei dem ein Anteil zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und für die Tierhaltung abgezogen wurde.
Zwar ist davon auszugehen, dass die von der JKU Linz und MUL ermittelten Potenziale nicht zur Gänze für die Gaserzeugung zur Verfügung stehen – z.B. weil sie nicht vollständig durch Sammelsysteme erfasst werden können. Ab selbst bei einer teilweisen Realisierung könnte bereits 2030 weit mehr Grünes Gas als die im Regierungsprogramm angeführten 5 Terawatt-Stunden (TWH) in das Gasnetz eingespeist werden.
Die JKU Linz und MUL kommen zum Schluss, dass ab 2030 jährlich 58 TWh Biomethan, Synthetisches Methan und Grüner Wasserstoff erzeugt werden könnten. Schon das ist die Menge, die ausreichen würde, um ab den 2040ern den jährlichen Gasbedarf in Österreich abdecken zu können.
Potenziale steigen ab 2040
Die Potenziale für die erneuerbare Gaserzeugung könnten 2040 bereits 93 TWh betragen, was in etwa dem derzeitigen jährlichen Gasverbrauch in Österreich entspricht. Dafür sind vor allem zwei Entwicklungen verantwortlich: Durch den vorgesehenen Ausbau von Wind- Photovoltaik und Wasserkraftanlagen wird es mehr Überschussstrom geben, mit dem in Elektrolyseanlagen Grüner Wasserstoff – und in der Folge auch Synthetisches Methan erzeugt werden kann. Und der Anbau von für die Energieerzeugung geeigneten Gräsern, wie z.B. Miscanthus sowie die Weiterentwicklung der Biogastechnologie wird es möglich machen, die Biomethan-Produktion wesentlich auszuweiten. Die JKU hat ermittelt, dass im günstigsten Fall Potenziale für Grünes Gas im Ausmaß von 133 TWH bereitstehen könnten.
Hitze und Druck erzeugen Grünes Gas
Die Studie der JKU Linz ist nicht die einzige wissenschaftliche Arbeit, die hohe inländische Potenziale für die Herstellung von Grünem Gas ermittelt hat. 2019 stellte eine von Fachverband Gas Wärme und dem Österreichischen Biomasse-Verband in Auftrag gegebene Untersuchung (Bioenergy 2020+ Gmbh: Machbarkeitsstudie Methan aus Biomasse) fest, dass auch große Mengen forstlicher Biomasse als Ausgangsmaterial von Synthese-Gas vorhanden sind. Sie wurde bisher bei der Biogaserzeugung vernachlässigt, da dieses trockene Material für die Vergärung schlecht geeignet ist. In Vergaseranlagen können jedoch durch hohe Temperaturen und Drücke die Voraussetzungen geschaffen werden, damit aus dem organischen Material Gase entweichen, aus denen in der Folge Synthetisches Methan erzeugt werden kann. Die Studienautoren gehen davon aus, dass durch diese Form der Vergasung bis 2050 aus organischen Reststoffen jährlich 4 Mrd. m3 Synthesegase zur Verfügung gestellt werden könnten.
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen durch raschen Ausbau
Die Studien haben gezeigt, dass in Zukunft Österreich genügend bisher ungenutzte Abfall- und Reststoffe vorhanden sind, um den zukünftigen Gasbedarf mit Grünen Gasen abdecken zu können. Die Gestehungskosten für dieses Grünes Gas würde aber ein Mehrfaches der derzeitigen Großhandelspreise für fossiles Erdgas ausmachen. Wie dieses Verhältnis in Zukunft aussehen wird, ist ungewiss. Aber es ist zu erwarten, dass die Produzenten von Grünen Gasen immer mehr Wissen zur Sammlung und zum Einsatz der Reststoffe, über den Betrieb der Anlagen und über die optimale Anlagengröße erwerben. Das wird dazu führen, dass auch die Herstellungskosten sinken und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen erneuer Energietechniken steigt. Daher ist es wichtig, dass rasch passende rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, um so schnell wie möglich mit der weiteren Errichtung von Produktionsanlagen und dem Hochfahren der Gaserzeugung beginnen zu können.