„Keine Kilowattstunde soll verloren gehen“
Bei einer Veranstaltung der ÖVGW-Reihe „Gas Digital“ präsentierte der Geschäftsführer der zur TIGAS gehörenden Erdgas Tirol GmbH, das ambitionierte Projekt „Power 2X Kufstein. Er bezeichnete in seinem Vortrag die Sektorenkopplung als Schlüsseltechnologie im Rahmen der Energiewende. Sie verbindet die Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie den Mobilitätssektor und schafft somit eine wichtige Voraussetzung für ein nachhaltiges, zukunftsfähiges und wirtschaftlich ausgerichtetes Energiesystem. Die Region um Kufstein würde sich besonders gut eignen, um die Möglichkeiten, die sich durch die Sektorkopplung ergeben, aufzuzeigen.
Viele Einsatzgebiete für Grünen Wasserstoff
Das Herzstück des Projektes bildet die Elektrolyseanlage mit einer elektrischen Leistung von 5 MW. Überschüssiger erneuerbarer Strom aus dem am Inn gelegenen Laufkraftwerk Langkampfen wird dort eingesetzt, um Wasserstoff zu erzeugen. Die tägliche Produktion soll 2 – 2,5 Tonnen betragen. Für das auf diese Weise erzeugte Grüne Gas sind unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten vorgesehen.
Ein Teil des Wasserstoffs soll direkt über eine Tankstelle als Treibstoff abgegeben werden. Die Nähe zur Inntalautobahn ist dabei ein Standortvorteil. Zusätzlich wird Wasserstoff im verdichteten Zustand in Trailern an dem jeweiligen Einsatzort für eine industrielle Nutzung oder für die Versorgung von Tankstellen transportiert. Ein geringer Teil des Wasserstoffes soll über eine eigene Leitung zur Anschlussstelle der Gasleitung transportiert und dort in das Gasnetz eingespeist werden. Momentan ist nur die 1%ige Einspeisung der gesamten Menge geplant. Es wäre aber möglich, diese bis zu einem Drittel der Gesamterzeugung zu erhöhen, sollte es für den Wasserstoff keine anderwärtige Nutzung geben. Und schließlich wird eine weitere Leitung den Wasserstoff zur Kläranlage Kirchbichl bringen, wo er zusammen mit dem dort anfallenden CO2 zur Methanisierung eines Teils des erzeugten Biogases eingesetzt wird.
Nutzung der „Abfallprodukte“ Sauerstoff und Wärme
Der bei der Elektrolyse freiwerdende Sauerstoff wird ebenfalls über eine eigene Leitung zur Kläranlage transportiert. Er soll zur Optimierung der Reinigungsprozesse dienen und könnte unter anderem als Oxidationsmittel zum weiteren Abbau von Spurenstoffen dienen.
Bei der Elektrolyse entsteht Abwärme mit einem Temperaturniveau von 45 – 55 °C. Um diese Energie nutzen zu können, wird eine Wärmepumpenanlage mit einer Leistung von bis zu 2 MW am geplanten Betriebsstandort von „Power2X Kufstein“ in einer eigenen Halle („Wärmezentrale“) errichtet. Mit dieser Anlage wird die für die Fernwärme- und Fernkälteversorgung von Kufstein benötigte Vorlauf-Temperatur erzeugt. Damit steht der Bioenergie Kufstein GmbH, die schon 60% des Wärmebedarfs der Stadt durch Fernwärme abdeckt, eine weitere erneuerbare Ressource zur Verfügung. Neben den Haushalten gibt es mit dem Bezirkskrankenhaus Kufstein einen großen Abnehmer, der sowohl Kälte als auch Wärme benötigt.
Vorläufige Aufstellungsplanung (Quelle: TIGAS)
TIGAS plant Betriebsstart für 2024
Wie bei anderen Anlagen dieser Art auch, ist das Genehmigungsverfahren für die Betriebsanlagen oft komplex. Da mag es hilfreich sein, dass bereits im Vorfeld Gespräche mit Anrainern geführt wurden, um über das Projekt zu informieren und so die Akzeptanz zu erhöhen.
Die Genehmigungs-Verfahren laufen seit September 2018 und derzeit arbeitet man an der Ausschreibungsplanung. Man hofft bei einer Genehmigung im Februar 2022 dann gleich anschließend mit der ersten Bauphase starten zu können. Verläuft alles nach Plan, dann soll die Anlage 2024 in Betrieb genommen werden.